Dabeisein ist (fast) alles. Die meisten Sportfans begnügen sich allerdings nicht mit dem reinen Zuschauen, ob es nun um Fußball, Pferderennen, Tennis, Golf oder andere Turniere geht. Auf den Ausgang tippen und dabei potenziell, außer mit dem Erfolgserlebnis auch noch mit Barem belohnt zu werden, macht große sportliche Ereignisse doppelt spannend.
Dabei haben Sportwetten eine Tradition, die mindestens bis in die Antike zurückreicht. Historisch belegt sind die ersten Tipps auf Pferderennen bei den olympischen Spielen im Jahr 676 vor Christus. Die Begeisterung für schnelle Rösser und Wetten auf deren Siege ist bis in die Neuzeit geblieben. Pferderennen bildeten im 19. Jahrhundert in Großbritannien den Ursprung für die ersten organisierten Wetten. Getippt wurde in erster Linie vom betuchten Adel, und die Einsätze finanzierten ihrerseits so manches Rennen.
Während am Anfang entweder privat unter Gentlemen oder beim Buchmacher getippt wurde, kam in Paris 1865 ein Totalisator genanntes neues System auf. Dabei konnten die Zocker untereinander Wetten abschließen. In Deutschland wurde diese Idee zwar importiert, aber auch rasch seitens der Obrigkeit wieder verboten. Buchmacherlizenzen für Pferderennen gibt es in Deutschland mittlerweile seit 1922.
Während Galoppderbys und Trabrennen in der Bundesrepublik genau wie im pferdebegeisterten Großbritannien weiterhin populär sind, sind sie dennoch nicht mehr an der Spitze, was das Wetten anbelangt. König Fußball regiert längst die Welt der Tipper, und das in vielen Ländern. Dabei stammen die ersten organisierten Wetten auf Fußballturniere ebenfalls aus England, wo Bergarbeitern im Jahr 1921 die Einführung zugeschrieben wird. Die deutschen Fußballfans mussten bis 1948 auf die erste staatlich organisierte Fußballwette in Form von Toto warten. Mit dem Mauerfall wurde das Anbieterfeld dann erweitert, und mit dem Siegeszug des Internets haben sich die meisten Sportwetten ins Netz und den privaten Sektor verlagert. Im Jahr 2018 wurden insgesamt in der Bundesrepublik 8,8 Milliarden Euro auf Sportereignisse gesetzt. Davon entfielen nur noch drei Prozent auf Lotto- und Toto-Annahmestellen und zwei Prozent auf Pferdewetten. Der Löwenanteil ging mit 95 Prozent an private Wettprodukte von kommerziellen Anbietern.
So wie die Art des Tippens haben auch die Wetten an sich so manche Erweiterung erfahren. Wie und auf welche Ergebnisse gesetzt wird, hängt genauso vom Temperament des Zockers wie von der Sportart ab. Zu den populärsten Neuerungen gehören Live Wetten, die noch eine gewisse Zeit nach dem Beginn des eigentlichen Wettbewerbs abgeschlossen werden können.
Dabei sind einige Sportarten wie gemacht für diese Art von Wetten. König Fußball regiert auch hier. Längst sind die Zeiten vorbei, als Sie nur auf Sieg, Unentschieden oder Niederlage, beziehungsweise die genaue Anzahl der Tore setzen konnten. Mittlerweile können Sie genauso gut darauf wetten, in welchem Zeitraum das erste Tor fällt, oder ob es gelbe oder rote Karten gibt. Während erfahrene Zocker sich beim Wetten nicht von ihren persönlichen Vorlieben, sondern zumeist von Statistiken aus den vergangenen Spielen und der Historie der jeweiligen Vereine auf dem jeweiligen Platz leiten lassen, erlauben Live-Wetten ein noch genaueres Studium.
Fällt zum Beispiel der Torjäger wegen Verletzungen aus oder wird ein junger Goalkeeper zwischen die Pfosten gestellt, verändern sich die Wahrscheinlichkeiten auf dem Papier zu Ungunsten des jeweiligen Clubs. Doch wenn Sie erst dann Ihre endgültige Entscheidung fällen, wenn die Kicker aufgelaufen sind und Sie deren Tagesform zumindest für einen kurzen Zeitraum beobachten können, besitzen Sie Informationen, die die reine Theorie im Vorfeld selten ausgleichen kann.
Ähnlich wie beim Fußball lässt sich auch beim Basketball spüren, wenn eine Mannschaft über ein besonderes Momentum verfügt oder überraschend zögerlich auftritt. Rugby, Tennis und Eishockey, aber auch der amerikanische Nationalsport Baseball eignen sich ebenfalls besonders gut für Live-Wetten, weil sich zum einen die Form und der Siegeswille der Athleten erkennen lassen und zudem die Turniere an sich lange genug dauern, um tatsächlich ein Gefühl dafür zu bekommen.
Ein Beispiel für ein Spiel, an dem sich ein Umschwung spürbar bemerkbar machte, war das WM-Spiel Deutschland gegen Brasilien 2014. Vor dem Anpfiff galten die Mannschaften alle einander ebenbürtig, wenn nicht gar die Südamerikaner als Favoriten eingestuft wurden. Doch schon kurz nach dem Anstoß zeichnete sich ab, dass Brasilien in Schwierigkeiten war. Das Match endete mit einem sensationellen 7:1 für Deutschland. Natürlich können Live-Wetten genau wie jeder andere Tipp auch daneben gehen. Das musste ein britischer Tottenham-Fan schmerzlich erfahren, der im Eifer des Gefechts seine gesamte Hypothek aufs Spiel setzte, als Tottenham zur Halbzeit mit 3:0 gegen Manchester United führte. Doch nach der Pause waren die Manchester-Kicker nicht mehr zur stoppen und gingen mit 5:3 vom Feld. Der übereifrige Tipper hatte sich um sein eigenes Haus gebracht. Damit deutsche Zocker gar nicht erst in eine derartige Versuchung geraten, sind mit dem seit dem 1. Juli 2021 geltenden Glücksspielstaatsvertrag der Länder Höchstlimits eingesetzt worden. Sie dürfen maximal 1000 Euro im Monat für Online-Glücksspiel aller Art einsetzen.
Nicht erlaubt in Deutschland sind außer halsbrecherischen Einsätzen zudem skurrile Nebenwetten, die mit dem Sport an sich nur noch wenig zu tun haben. Wer darauf tippen möchte, dass ein Fußballspieler bei der WM einen anderen beißt (ein Vorfall, der bei der WM 2014 und der EM 2016 unter anderem in Skandinavien etlichen Zockern einen Geldregen bescherte), ist in Deutschland an der falschen Adresse. Dafür bleibt der sportliche Gedanke im Vordergrund, so wie es bereits in der Antike der Fall war. Millionen von Zockern stimmen dem zu.